Berlin ist nicht nur bei Touristen beliebt. Auch Instagrammer aus der ganzen Welt kommen in die Stadt. Von ihnen werde ich oft gefragt, welche Orte sich zu fotografieren lohnen. Ich gebe dann drei oder vier Tipps und bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob nicht genau diese Empfehlungen auch in jedem Reiseführer stehen. Auf jeden Fall wird mir dann immer klar, wie schwierig es ist, Lieblingsorte auszuwählen.
Wer meine Fotos kennt, weiß vielleicht, dass die Kreuzung Schönhauser Allee/Danziger Straße zu meinen Favoriten zählt (#berlineckeschoenhauser). Sie zu besuchen, kann ich jedem Berlinbesucher empfehlen. Schon als Kind war ich von dieser Kreuzung fasziniert – oder besser gesagt: von den Bildern dieser Kreuzung. Für mich steht sie für das Leben in der Großstadt, die Hektik, den Verkehr und die Möglichkeiten der Begegnung. U-Bahn und Tram geben den Takt vor, Fahrräder drängeln sich zwischen Autos und Fußgängern. Die Schönhauser wird oft besungen und war Drehort des Filmklassikers „Berlin – Ecke Schönhauser“.
Wer öfter an der Kreuzung steht, dem wird sie schnell vertraut: Manche Gesichter sehe ich immer wieder, den Flaschensammler und die Blumenverkäuferin, die Pendler und den Briefträger. Im März zeigte ich den Youtubern Ben Brown und Steve Booker die Kreuzung. Sie waren begeistert von ihr: Den einen faszinierten die Perspektiven, die sich unter der Hochbahn bieten, den anderen die Straßenmusiker, die sich gegen den Verkehrslärm behaupten.
Das Spannende an dieser Kreuzung ist, wie sie sich über den Tag verändert. Ganz früh am Morgen – gerade an Wochenenden – ist es geradezu still. Später nimmt der Verkehr schnell zu und die Menschen hasten zur Arbeit, wollen die nächste U-Bahn erreichen. Dann wird es wieder etwas ruhiger. Am frühen Nachmittag treffen sich Leute, um in den benachbarten Straßen ein Restaurant oder eine Bar zu besuchen. Junge Leute kommen und ziehen weiter in den Mauerpark. Und wenn die deutsche Mannschaft ein großes Fußballspiel gewinnt, strömen die Menschen auf die Kreuzung und blockieren den Verkehr. Wer Zeit hat, sollte die Kreuzung im Zeitverlauf beobachten. Erst so erkennt man, welche Wege die Menschen gehen, wo sie stehenbleiben und was sie tun. Vielleicht entsteht bei solchen Beobachtungen kein neues Foto, vielleicht entdeckt Ihr aber auch ein neues Lieblingsmotiv.
Ganz früh am Morgen sind nur wenige Leute unterwegs. Schnell muss es trotzdem gehen.
Zweimal im Jahr, Ende März und Ende September, steht die Sonne perfekt über der Danziger Straße und scheint unter der Hochbahn hindurch.
Schattenspiele.
Das Laufbier am Abend gehört für viele Passanten dazu.
Nicht immer scheint die Sonne, zum Glück. In den Pfützen spiegelt sich eine gelbe Tram.
Die Kreuzung ist ein Ort zum Feiern – hier anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2014.