Auf einer Straße in Havanna lässt sich ein alter Hippie so fotografieren, dass im Bild auch das Capitol zu sehen ist. Für ihn ist Havanna noch immer der Traum vom Sozialismus, den er nie leben wollte oder musste. Vielleicht ist der Mann aber auch ein Existenzialist aus Paris, der auf seiner Kuba-Reise seinem Kleidungsstil (Man in Black) untreu wurde und einen weißen Hut kaufte, mit dem er sich nun auch in dieser Straße fotografieren lassen wollte. Er wird den Hut-Kauf damit entschuldigen, dass die Nächte in Trinidad sehr lang sind und er mit den Nachwirkungen zu vieler Cocktails zu kämpfen hatte, als ein Straßenhändler ihn übertölpelte mit dem Argument, seinen Kopf vor der karibischen Sonne schützen zu müssen.
Aber hier wird ein Film gedreht und der Mann mit Hut ist ein Schauspieler. Zwischen den Einstellungen lässt er sich noch schnell fotografieren. In der Szene, die gerade abgedreht wurde, ging es um ein Musikgeschäft, das geschlossen hatte und das er und seine Fernsehfrau besuchen wollten. Ein Nachbar, der herangeeilt kam, weiß mehr. Sie gehen dann noch zu seiner Mutter, die noch mehr zu wissen scheint. Die nächste Szene wird wenige Meter weiter gedreht.
Das Foto von dieser Szene habe ich mit einer Minolta HI-MATIC F gemacht. Beim Scannen ist mir der Gegensatz von digitaler Smartphone-Fotografie und meiner analogen Aufnahme aufgefallen. Das Foto, das noch schnell gemacht wird, um es dann auf Facebook zu posten - vielleicht um zu bezeugen, dass man hier, mitten in Havanna gedreht hat. Mein Foto ist dagegen erst sichtbar geworden, nachdem ich es nach meiner Rückkehr nach Deutschland entwickeln lassen habe.
Im Moment des Fotografierens fand ich vor allem die Körpersprache der beiden Akteure interessant: Der Fotograf steht „wie auf dem Sprung“ vor dem Schauspieler. Die Arme des Fotografen sind fast gestreckt, als wolle er das Smartphone möglichst weit weg halten. In der Hand hält er noch gefaltete Papiere - vielleicht das Skript für die nächste Szene.
Dagegen steht der Schauspieler schier unverrückbar auf der Straße: Hier stehe ich, scheint seine Körper zu signalisieren, ob auf der großen Bühne oder auf dieser Straße. Den gedrehten Film werde ich wohl leider nie sehen.