Pünktlich zum Jahreswechsel wurde viel darüber diskutiert, ob man Silvesterknaller und Böller verbieten sollte. Mir scheint, diese Debatte gibt es alle Jahre wieder. Aber diesmal stand sie besonders im Zeichen der Nachhaltigkeit. Denn 2019 war ein Jahr, in dem Massen von Jugendlichen weltweit auf die Straße gingen, um gegen den Klimawandel zu protestieren. Klimaschutz ist ein Thema, das uns alle betrifft. 2019 hatte ich Gelegenheit, mich eingehender mit Elektromobilität und nachhaltiger Entwicklung zu beschäftigen. Davon möchte ich hier berichten.
Der Auftrag
Anfang 2019 erhielt ich einen Auftrag, der auf den ersten Blick einfach schien: Ich sollte ein Elektroauto in mehreren europäischen Hauptstädten fotografieren. Der Zeitraum war auf sieben Wochen begrenzt. Mir war klar: Die Electrify The World-Tour von Nissan wird eine aufregende, abwechslungsreiche, vielleicht auch anstrengende Zeit. Womit ich damals nicht rechnete: Ich lernte nicht nur ein tolles Auto – den Nissan LEAF – kennen, sondern ich erfuhr viel über Nachhaltigkeit und darüber, was in Großstädten gegen Umweltverschmutzung getan wird. Dabei ging es immer wieder um die Frage, wie wir zukünftig leben wollen.
Nachdem ich sieben Wochen unterwegs war, erschien mir Europa klein: Wie schnell bin ich etwa von Berlin in Paris, selbst wenn ich den Zug nehme? Zugleich kam mir Europa riesig vor: Was für eine Vielfalt an Regionen, Kulturen und Lebensweisen gibt es hier zu entdecken? Nur ein Beispiel: Der Kontrast zwischen zwei Städten wie Rom und Oslo könnte kaum größer sein. Hier die „ewige Stadt“ mit ihrem mediterranen Leben auf der Straße, dort die kühle Metropole mit ihrer eleganten Oper direkt am Meer. Dabei verbindet beide Städte die Frage, wie sie den Verkehr im Zentrum lenken können.
Zurück in Rom
Ich war eine gefühlte Ewigkeit nicht in der ewigen Stadt. Auf Umwegen gelange ich ins Zentrum, habe nur wenige Stunden Zeit, bei frühlingswarmen Temperaturen. Was für ein Gefühl, zurück zu sein! Welche Farben! Bei der Rückkehr nach Rom merke ich, dass ich älter geworden bin, die Stadt mit anderen Augen anschaue. Zugleich fühle ich mich in die Zeit vor 20 Jahren zurückversetzt. Damals studierte ich noch und las mit Vorliebe Romane, die in Rom spielten. Durch die Brille meiner Lektüren nahm ich damals die Stadt war.
Als ich im April 2019 im Pantheon stehe, bin ich überrascht von den Touristenmassen. In meiner Erinnerung war das Pantheon ein verlassener Ort, nun ist es ein Touristen-Hotspot. Und damit auch eine Art Seismograph für die Typen von Touristen, die Rom besuchen. Denn hier kommen sie alle zusammen, aus allen Ländern, mit den unterschiedlichsten Interessen. Ich fange sofort zu fotografieren an, denn der Ort ist mir vertraut und die Situation inspiriert mich. Das Frühlingswetter mit Regen und Sonnenschein tut ein Übriges. Rom ist im April rot-ocker und grün. Bei fast allem, was in der Altstadt steht, frage ich mich, ob es museal arrangiert ist. Die Häuserwände sind nicht einfach nur rot gestrichen, sondern haben Risse und farbliche Unregelmäßigkeiten. Sie haben den perfekten used look, das kann nicht nur der Zahn der Zeit sein, das ist ein Gesamtkunstwerk, das begeistert mich.
Rund um die Altstadt tost der Verkehr. Aber an den Straßen, die in die Altstadt hineinführen, sind Kameras aufgebaut. Mir sind sie aufgefallen, als Autos davor warteten. Zunächst habe ich nicht weiter darüber nachgedacht. Als ich mit dem Nissan LEAF unterwegs war, wurde mir klar, dass man nicht einfach so in die Innenstadt fahren darf, sondern dafür bezahlen muss. Mit der Einrichtung von Zonen mit Verkehrsbeschränkung – auf Italienisch „zona a traffico limitato“ – versucht man, die Luftverschmutzung und die Raumnutzung zu steuern. Eine Maßnahme, die in deutschen Großstädten wie Berlin noch immer undenkbar scheint.
Gerade in Rom fällt mir auf, dass ich eine Stadt ganz anders wahrnehme, wenn ich dort arbeite. Toll ist, dass ich Facetten der Stadt kennenlernen darf, die ich als normaler Tourist vielleicht übersehen hätte. Besonders beeindruckend: Das 1000 Quadratmeter große Mural im Bezirk Ostiense, das die Fassade eines 7-stöckigen Hauses an einer vielbefahrenen Kreuzung bedeckt.
Für sein Werk „Hunting Pollution“ hat der Künstler Federico Massa eine spezielle Farbe verwendet. Diese Farbe reduziert die Luftverschmutzung, indem sie (Fein-)Staub bindet. Solch ein Mural mit Spezialfarbe ist doppelt wirkungsvoll: Zum einen wird die Stadtluft dadurch sauberer. Zum anderen wertet das Bild eine eher langweilige Hausfassade künstlerisch auf und macht das Wohngebiet attraktiver und lebendiger.
Fortsetzung folgt
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